Energie-Ökosystem Dagmersellen: «In dieser Form einzigartig»

7. März 2023|Lesezeit: 5 min

Zusammen mit Galliker Transport, PanGas und Emmi realisiert CKW ein innovatives Energie-Ökosystem. Projektleiter Rafael Mesey verrät, wie es funktioniert, wo die Herausforderungen liegen und was ihn persönlich daran fasziniert.

Text: Simon Eberhard|Bilder: CKW

CKW plant in Dagmersellen ein Energie-Ökosystem. Wie ist die Idee dafür zustande gekommen?

Das Projekt geht auf eine Idee der Galliker Transport zurück, die zusammen mit PanGas Wasserstoff für die eigene Flotte produzieren wollte. In diesem Rahmen ist Galliker auf uns als Energielieferantin zugekommen, um abzuklären, ob und in welcher Form wir den Strom zur Verfügung stellen können. Weil es hierfür grosse Mengen an Energie benötigt, haben wir schliesslich vorgeschlagen, vor Ort ein Kraftwerk zu bauen. So steht genügend Strom zur Verfügung, und das Netz wird nicht zusätzlich belastet.  

 

Wie ist der vierte Projektpartner, Emmi, zum Projekt gestossen?

Um das geplante Biomassekraftwerk rentabel zu betreiben, müssen wir auch die Wärme verkaufen, die aus dem Verbrennen des Holzes entsteht. So sind wir auf Emmi zugegangen. Das Unternehmen bezieht seine Wärme am Produktionsstandort Dagmersellen aus der Verbrennung von Gas, hat aber die Strategie, die innerbetrieblichen Emissionen bis 2027 um 60 Prozent zu reduzieren. Emmi zeigte deshalb grosses Interesse, im Verbund auf CO2-neutrale Wärme zuzugreifen. So haben sich schliesslich die Puzzleteile zusammengefügt.  

Gemeinsame Sache für die Nachhaltigkeit (v.l.n.r.): Peter Galliker, CEO von Galliker Transport; Marc Heim, Leiter Division Schweiz von Emmi; Martin Schwab, CEO von CKW, und Roger Britschgi, Managing Director Switzerland von PanGas.

Wie funktioniert dieses Energie-Ökosystem?

Dessen Kernstück ist das Holzheizkraftwerk, aus dem zwei Hauptprodukte entstehen: Strom und Wärme. Den Strom wandelt PanGas mittels eines Elektrolyseurs zu Wasserstoff um. Hierzu benötigt man destilliertes Wasser. Dieses bezieht PanGas aus der Produktion von Emmi, wo es sozusagen als Abfallprodukt entsteht. Der so hergestellte Wasserstoff gelangt schliesslich zu den Tankstellen, an denen Galliker seine Lastwägen mit Treibstoff versorgt.  

 

Und was passiert mit der Wärme aus dem Kraftwerk?

Diese stellen wir Emmi sowie weiteren umliegenden Kunden zur Verfügung, die Bedarf an Prozesswärme haben. Zusätzlich liefert das Kraftwerk auch Fernwärme für die Gemeinden Dagmersellen, Altishofen und Nebikon, um Wohnungen und Liegenschaften zu beheizen. Das bei der Holzverbrennung entstehende CO2 verwerten wir ebenfalls: PanGas liefert es an Kunden, die es für ihren Betrieb benötigen, beispielsweise Gewächshäuser.

Darstellung des Energie-Ökosystems in Dagmersellen: Mit Strom aus dem Heizkraftwerk produziert PanGas Wasserstoff für Galliker. Emmi nutzt die Wärme und liefert wiederum destilliertes Wasser für die Wasserstoffherstellung.

Was ist Ihre Rolle in dem Projekt?

Da CKW mit dem Holzheizkraftwerk das Kernstück des Energie-Ökosystems liefert, haben wir die Gesamtprojektleitung in dem Projekt übernommen. Als Projektleiter koordiniere ich die vier unterschiedlichen Teilprojekte mit den jeweiligen Partnerunternehmen.

 

Wo liegen dabei Ihre grössten Herausforderungen?

Um das Heizkraftwerk zu betreiben, sind substanzielle Holzmengen nötig. Da das Holz aus den umliegenden Gemeinden dazu nicht ausreicht, müssen wir es überregional beschaffen. Dies langfristig sicherzustellen, ist eine grosse Herausforderung. Eine weitere ist der Austausch mit dem Bund in Bezug auf mögliche Förderungen und Unterstützung. Diese streben wir an, um das Projekt auf ein wirtschaftlich sicheres Fundament zu stellen.

 

Was bedeutet das Projekt für CKW, und was motiviert Sie persönlich daran?

CKW hat das Ziel, mit verschiedensten Massnahmen die Dekarbonisierung voranzutreiben. Mit diesem innovativen Projekt leisten wir einen fundamentalen Beitrag dazu. Mich persönlich motiviert die Einzigartigkeit des Projekts. In dieser Form haben wir das noch nie gebaut und werden es wohl auch nicht gleich wieder bauen. Es ist etwas Besonderes, ein solches Projekt einmal in einer beruflichen Karriere zu realisieren.

«Mit dem Projekt leistet CKW einen fundamentalen Beitrag zur Dekarbonisierung.»

Rafael Mesey

Leiter Erneuerbare Energien, CKW

Was macht das Projekt so einzigartig?

Wir fördern damit die lokale Kreislaufwirtschaft. Gleichzeitig ist es ein schönes Beispiel für die sogenannte Sektorenkopplung: Mit dem Projekt verbinden wir die unterschiedlichen Energiesektoren wie Treibstoffe, Wärme und Elektrizität. Wir behandeln diese nicht mehr als getrennte Energieströme, sondern als ein gesamtes Energiesystem, das wir im lokalen Kreislauf optimieren und bewirtschaften.

 

Wie sehen nun die nächsten Projektschritte aus?

Da der Standort noch nicht in einer Bauzone liegt, benötigt das Projekt eine sogenannte Nutzungsplanung. Diese gehen wir zusammen mit den kantonalen Dienststellen an. Parallel dazu klären wir die technischen Details der einzelnen Anlagen und deren Schnittstellen: von der Grösse des Elektrolyseurs bis zum Dampfnetz ab dem Holzheizkraftwerk. Wenn wir diese beiden Schritte abgeschlossen haben, folgt die offizielle Baueingabe mit einem möglichen Baustart 2025 und einer Inbetriebnahme 2027.

Zur Person

Rafael Mesey (40) ist seit 2021 Leiter Neue Energien bei CKW und Gesamtprojektleiter des Energie-Ökosystems in Dagmersellen. Nach seiner Lehre als Kältezeichner bildete er sich weiter zum dipl. Wirtschaftsingenieur und absolvierte ein MAS in Energiewirtschaft. Rafael Mesey ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.