Sichere Jagdgebiete für Fledermäuse

16. Juni 2025|Lesezeit: 5 min

Für Fledermäuse können schnell drehende Windrad-Rotoren eine Gefahr darstellen. Damit das Nebeneinander funktioniert, wird die Ist-Situation vor Ort analysiert. Cécile Eicher, Senior Expertin Lebensräume, gewährt spannende Einblicke.

Damit Fledermäuse im Gebiet eines Windparks sicher nach Insekten jagen können, ist der Fledermausschutz fester Bestandteil einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Wir haben mit Cécile Eicher, Senior Expertin Lebensräume, über den Fledermausschutz im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb von Windparks gesprochen. Sie führt die UVP zum Thema Fledermausschutz auf der Äberdingerhöchi zwischen Reiden und Pfaffnau durch.

 

Sie erstellen den Umweltverträglichkeitsbericht zum Thema Fledermausschutz auf der Äberdingerhöchi. Welche Vorgaben müssen Sie dabei beachten?

Für die Untersuchungen haben wir in einem ersten Schritt ein Pflichtenheft erstellt. Darin wird genau beschrieben, was Teil des Umweltverträglichkeitsberichts beim Fledermausschutz sein muss. Während dieser Vorabklärungen hatten wir Kontakt mit der regionalen Koordinationsstelle für Fledermausschutz.

 

Welche Rolle spielen die kantonalen Behörden?

Die kantonalen Behörden genehmigen das Pflichtenheft und den Umweltverträglichkeitsbericht. Der Kanton hat zum Projekt auf der Äberdingerhöchi eine Stellungnahme zur ersten eingereichten Version des Pflichtenhefts abgegeben. Nach unseren Ergänzungen haben es die Behörden genehmigt. Das Pflichtenheft ist unser Aufgabenkatalog für den Umweltverträglichkeitsbericht.

 

Welches sind die wichtigsten Aspekte, die Sie bei Ihrer Arbeit beachten müssen?

In einem ersten Schritt gilt es abzuschätzen, wie ausgeprägt die Problematik am geplanten Windpark-Standort ist. Wir arbeiten dafür jeweils mit der verantwortlichen Fachperson der regionalen Koordinationsstelle für Fledermausschutz zusammen. Sie kennt die bestehenden Daten der Region und kann die Situation gut einschätzen.

Cécile Eicher
Senior Expertin Lebensräume, B+S AG Ingenieure und Planer

Cécile Eicher arbeitet als Senior Expertin Lebensräume bei der B+S AG Ingenieure und Planer. Als studierte Biologin betreut sie die Fachbereiche Flora, Fauna, Lebensräume und Umweltverträglichkeitsberichte. Neben themenbezogenen Umweltberichten übernimmt sie als Projektleiterin teilweise auch die Verantwortung ganzer UVP.

Wie läuft eine Fledermaus-UVP üblicherweise ab?

Während einer Fledermaussaison von April bis Oktober erfolgen zunächst bioakustische Aufnahmen in der Höhe. Bei der Äberdingerhöchi haben wir im Verlauf der Saison zusätzliche Abklärungen zu bekannten Quartieren durchgeführt: Artvorkommen, Status der Kolonie, Anzahl Tiere. Zudem haben wir pro Monat jeweils eine Woche bioakustische Aufnahmen im Wald gemacht.

 

Am Windmessmast werden Geräte zur Messung von Fledermausaktivitäten angebracht. Was messen diese Geräte?

Die Fledermausaktivitäten werden von sogenannten Batloggern aufgezeichnet. Die Geräte nehmen die Ultraschallrufe der Fledermäuse auf, welche die Tiere zur Orientierung nutzen. Diese Batlogger werden am Windmessmast angebracht, weil sie die Rufe in bestimmten Höhen aufzeichnen müssen.

 

Können die Batlogger die verschiedenen Arten von Fledermäusen unterscheiden?

Nein, die Geräte zeichnen nur Tonsequenzen mit Standort und Zeitpunkt auf. Anschliessend vergleichen Computerprogramme die Sequenzen mit einer Datenbank und machen einen Vorschlag zur Artzuteilung. Weil sich die Rufe der verschiedenen Arten manchmal stark überlappen, ist immer eine Expertenkonsolidierung nötig. Teilweise können gewisse Aufnahmen auch nur einer Rufgruppe, also einer Gruppe ähnlich rufender Arten, zugeteilt werden. Diese weisen oft auch ein ähnliches Flugverhalten auf.

Installation einer «Batbox» am Windmessmast inklusive PV-Panel und Mikrofon.
© VERTIC pro AG, D.Brunner
Installation einer «Batbox» am Windmessmast inklusive PV-Panel und Mikrofon.
© VERTIC pro AG, D.Brunner

Zu welchen Ergebnissen kann ein Bericht führen?

Die Messungen zu den erhobenen Fledermausaktivitäten werden mit den Winddaten verglichen. So erkennen wir, bei welchen Wetterbedingungen viele Fledermäuse fliegen. Mittels dieser Modelle können wir beispielsweise einen Abstellalgorithmus empfehlen, womit Kollisionen mit Rotorblättern deutlich reduziert werden. Falls ein Windrad inmitten eines besonderen Fledermaus-Lebensraums geplant ist, kann es durchaus sein, dass der Standort verschoben oder komplett aufgegeben werden muss. Beim Projekt Äberdingerhöchi haben wir aktuell keine Hinweise zu solch wertvollen Lebensräumen von Fledermäusen.

 

Gibt es weitere Massnahmen, die zum Schutz der Fledermäuse beitragen?

Zusätzlich zum Abschaltalgorithmus können Ersatzmassnahmen den Lebensraum der Fledermäuse aufwerten. Fledermäuse jagen gerne entlang von Umgebungsstrukturen wie zum Beispiel Hecken. Der Jagdlebensraum kann beispielsweise durch das Pflanzen von Hecken oder Hochstammbäumen aufgewertet werden – natürlich mit Abstand zu Windrädern.

 

Können Sie bereits etwas zum Standort Äberdingerhöchi sagen?

Aktuell werten wir die bioakustischen Aufnahmen aus. Beim Windmessmast auf der Äberdingerhöchi konnten wir bisher rund zehn verschiedene Fledermausarten nachweisen. Im Wald sind es mit rund 15 Arten deutlich mehr. Diese Resultate sind typisch. Viele Fledermausarten jagen entlang solcher Umgebungsstrukturen und in Wäldern und nicht über freien Feldern oder in der Höhe.

 

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit? Was fasziniert Sie?

Ich bin mit Herzblut Feldbiologin. Deshalb gefallen mir Feldbegehungen besonders. Bei den Fledermäusen sind dies im Vergleich zu anderen Naturschutzthemen nicht viele. Aber auch bei der Auswertung am Computer gibt es immer wieder wunderbare Forschermomente. Auf der Äberdingerhöchi habe ich im Jahr 2024 zum Beispiel einen Riesenabendsegler nachweisen können. Von dieser Art gab es in der Schweiz bisher keine zehn Nachweise.

Kleines Fledermaus-Wissen

In der Schweiz zählen alle Fledermausarten zu den bedrohten Tierarten. Fledermäuse mögen es warm, trocken und zugluftfrei, wenn sie nicht in der Luft sind. Die meisten Fledermausarten verkriechen sich tagsüber in enge Ritzen und Spalten und sollten nicht gestört werden.

Die kleinste Fledermaus in der Schweiz ist die Mückenfledermaus. Sie hat eine Kopf-Rumpf-Länge von nur knapp 4 cm. Ihre Flügelspannweite von bis zu 24 cm ist im Verhältnis beeindruckend.

In der Schweiz kümmert sich die Stiftung Fledermausschutz intensiv um das Wohl der Nachtsegler. Wer mehr über die nützlichen Tiere in der Schweiz erfahren will, besucht www.fledermausschutz.ch.

CKW verfolgt mehrere Windkraftprojekte

Windkraft leistet ihren grössten Beitrag für die Stromproduktion im Winterhalbjahr. Dann, wenn die Tage kürzer sind und die Sonne weniger lang scheint. In der Schweiz treibt ein engagiertes Team die Windkraftprojekte von CKW und Axpo voran – für eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung.