Grösster Schweizer Batteriespeicher stabilisiert Stromnetz

22. Mai 2024|Lesezeit: 4 min

In Ingenbohl hat MW Storage die Leistung seines Batteriespeichers erweitert. Dank der Einbindung durch CKW in den grössten Flexpool der Schweiz profitiert das Unternehmen von attraktiven Erlösen und stabilisiert das europäische Stromnetz.

Text: Simon Eberhard|Bilder: Remo Inderbitzin

Einen Handyakku möchte man normalerweise möglichst voll aufladen, damit er den ganzen Tag durchhält. Das Batterie-Energiespeichersystem (BESS) von MW Storage im schwyzerischen Ingenbohl hat andere Anforderungen. Denn es liefert nicht durchgehend Strom, sondern steht der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid für die spontane Bereitstellung von Regelenergie zur Verfügung.

Regelenergie: Kurzfristig Strom produzieren oder aufnehmen

Regelenergie ist wichtig für die Übertragungsnetzbetreiberin, um die Netzfrequenz konstant bei 50 Hertz zu halten und so das Stromnetz zu stabilisieren. Zu diesem Zweck muss Swissgrid durchgehend die Möglichkeit haben, kurzfristig Strom zu beziehen oder abzugeben. Wenn ein Teilnehmer für den ersteren Fall Kapazitäten bereitstellt, spricht man von positiver Leistung; wenn er umgekehrt für den letzteren Fall auch Strom aufnehmen kann, von negativer Leistung.

Speicher zur Hälfte gefüllt für maximale Flexibilität

Der ideale Ladezustand des Energiespeichers beträgt deshalb nicht wie beim Handyakku 100, sondern 50 Prozent. So kann der Speicher in Ingenbohl je nach Netzsituation innert weniger Sekunden die volle installierte Leistung liefern oder aufnehmen.  

Mit dieser Flexibilität qualifiziert sich der Speicher ideal für zwei verschiedene Märkte von Swissgrid, den Primärregelleistungs- und den Sekundärregelleistungsmarkt. Während bei der Primärregelung die vorgehaltene Leistung innert weniger Sekunden geliefert werden muss, fokussiert die Sekundärregelung auf einen Zeitraum von einer bis fünf Minuten. 

Erweiterung bestehender Speicher auf 
28 MW

Gebaut hat den Energiespeicher in Ingenbohl die 2019 gegründete MW Storage. «Wir planen, finanzieren und bauen Grossspeicheranlagen in ganz Europa», sagt CTO Marco Rüegg. «Hauptzweck ist die Stabilisierung des europäischen Stromnetzes.»  

Bereits seit 2020 steht in Ingenbohl der derzeit grösste Batteriespeicher der Schweiz mit einer Leistung von 20 MW. Um den vorhandenen Platz bestmöglich zu nutzen, hat das Unternehmen am selben Standort einen zweiten Speicher von 8 MW gebaut. 

Virtuelles Kraftwerk mit der Leistung eines AKWs

Bewirtschaftet und vermarktet wird der neue Speicher von CKW. «Wir haben uns wegen des innovativen Vermarktungsmodells für das Angebot von CKW entschieden», sagt Marco Rüegg.  

Dessen grosser Vorteil ist die Einbettung in den grössten Flexpool der Schweiz: ein virtuelles Grosskraftwerk, bestehend aus über 600 einzelnen Anlagen und 15 verschiedenen Technologien (unter anderem Wasserkraft, Elektroautos, Heizungen, BHKWs, Kehrichtverbrennungsanlagen, Notstromaggregate, Industrieverbraucher und Batteriespeicher). Mit insgesamt fast 1,4 GW erreicht dieser Flexpool eine höhere Leistung als jene des Atomkraftwerks Leibstadt.

«Wir haben uns wegen des innovativen Vermarktungsmodells für CKW entschieden.»

Marco Rüegg

CTO MW Storage

Preisoptimierung generiert Zusatzerlöse

Wie das Vermarktungsmodell funktioniert, erklärt Dominik Eller: «Der Batteriespeicher wird von uns flexibel an jenem Markt eingesetzt, der ökonomisch die grössten Anreize bietet. Aktuell ist das der Markt für Sekundärregelleistung und -energie, bei dem der Batteriespeicher einem Echtzeit-Stellsignal folgt und seine volle Lade- oder Entladeleistung bei einem Abruf von Swissgrid in wenigen Sekunden erreicht», so der Leiter Origination CKW. «Unsere über zehnjährige Erfahrung in der Flexibilitätsvermarktung hilft uns dabei, jederzeit die besten Märkte und Preise für unsere Kunden zu erreichen.» 

Innovative Strategie beim Lademanagement

Von CKW vergütet werden sowohl die Leistungsvorhaltung als auch die Energielieferung und -aufnahme. Wenn der Speicher infolge einer Stromlieferung leer ist und zur zukünftigen Bereitstellung der vollen Flexibilität wieder geladen werden muss, setzt CKW auf eine innovative Strategie beim Lademanagement.  

Dabei versucht ein inhouse entwickelter Algorithmus, den für die Nachladung benötigten Strom zum optimalen Zeitpunkt an kurzfristigen Energiemärkten zu beschaffen. Auf diese Weise generiert der Batteriespeicher einen Zusatzerlös und leistet gleichzeitig einen Beitrag zur Netzstabilität.

«Der Flexpool erlaubt uns eine erlösoptimierte Vermarktung der Leistung an verschiedenen Regelenergiemärkten.»

Dominik Eller

Leiter Origination, CKW

Rundum-sorglos-Paket fürs Batteriemanagement

«Mit diesem Rundum-sorglos-Paket profitieren BESS-Betreiber langfristig von attraktiven Renditen», sagt Dominik Eller. Den Kunden freut’s. «Wir können und wollen nicht alles selbst machen, deshalb konzentrieren wir uns auf unsere Kernkompetenz», sagt Marco Rüegg. «Für uns ist es sehr interessant, im Batteriemanagement mit CKW zusammenzuarbeiten.» Rüegg ist auch offen, diese Zusammenarbeit in Zukunft zu vertiefen. Denn noch ist lange nicht fertig mit Energiespeichern: MW Storage hat bereits die nächsten Projekte in der Pipeline.

CKW Batteriebewirtschaftung

Netznutzungskosten senken, Zusatzerlöse generieren