Kontrolle im Gotthardmassiv
13. Januar 2020|Lesezeit: 8 min
Tief im Inneren des Gotthardmassivs prüfen Alois Schmid und seine Mitarbeiter die Elektroinstallationen des Eisenbahn-Basistunnels. Trotz Hitze und Nachtarbeit erfüllt sich für ihn damit ein Bubentraum.
Es ist kalt und dunkel, als Alois Schmid an diesem Samstagabend in Erstfeld eintrifft. Hier, im Erhaltungs- und Interventionszentrum (EIZ) der SBB, bereitet er sich auf seinen Nachteinsatz im Gotthardbasistunnel vor – mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Schmid zieht die orange leuchtende Warnkleidung an, setzt den Helm auf und packt alle nötigen Messgeräte und Werkzeuge zusammen. Dafür hat er sich eine Checkliste gemacht, denn: «Wenn wir einmal im Tunnel sind, gibt es bis zum Schichtende kein zurück.» Deshalb nimmt er auch Reservegeräte mit.
Alois Schmid arbeitet bei Sicuro Central AG, einer Tochtergesellschaft von CKW. Das Unternehmen kontrolliert im Auftrag der SBB die Elektroinstallationen im Tunnel. Mit dieser Arbeit erfüllt sich für den Sicherheitsbeauftragten ein Traum: «Der Bahnverkehr faszinierte mich schon als Kind – die zurückgelegten Strecken, die Fahrzeuge, die Fahrpläne.» Deshalb freue er sich auf seine Einsätze, auch wenn sie anspruchsvoll seien.
Ab in die Hitze
Um 21 Uhr folgt im EIZ das Briefing. Der Verantwortliche der SBB führt eine Anwesenheitskontrolle durch, erläutert, welche Arbeiten durchgeführt werden und wo im Tunnel das Personalmodul anhält. So nennt man die gelben Wagen, mit denen die Truppe unterwegs ist. Gegen halb zehn Uhr steigen die Männer ein. Mit an Bord sind nebst Alois Schmid und seinem Kollegen auch Fachkräfte anderer Unternehmen: Sie kontrollieren beispielsweise die Kanalisationsleitungen oder die Luftversorgung. Die Arbeiten finden nur am Wochenende statt, denn die SBB muss dafür die eine Tunnelröhre sperren.
Von Erstfeld fahren sie in die Weströhre. Heute beginnen die Arbeiten bei Kilometer 30. Das Modul hält, die Türen werden geöffnet, Hitze schlägt entgegen. Schmid: «Im Tunnel ist es oft zwischen dreissig und vierzig Grad heiss.» Das mache die Arbeit auch körperlich anstrengend. Deshalb ist das Fahrzeugmodul klimatisiert und alle können sich während ihres Einsatzes regelmässig dort abkühlen.
Mit dem E-Scooter durch den Gotthard
Jetzt geht’s aber zuerst an die Arbeit: Alois Schmid ist heute mit Kollege Othmar Limacher und zwei Elektrofachkräften der SBB unterwegs. Anders als bei den gewöhnlichen Kontrollen tagsüber darf im Tunnel niemand allein sein. «So könnten wir bei einem Notfall schnell reagieren.» Seit Mai letzten Jahres führt Sicuro Central AG diese Kontrollen durch. Und seither sei es noch zu keinem Zwischenfall gekommen – ausser bei den Geräten. Schmid: «Zu Beginn überhitzten einige Geräte: Einerseits machen wir in kurzer Zeit sehr viele Messungen, andererseits ist es die Hitze, die den Apparaten zu schaffen machte.» Mit den neuen sei das aber kein Problem mehr.
Zu viert fahren sie mit E-Scootern los, im Anhänger liegen die Messgeräte und genügend Mineralwasser, um zwischendurch ausreichend trinken zu können. Schmid: «Wir sind selbstständig unterwegs, ins Personalmodul steigen wir nur, um uns abzukühlen und etwas kleines zu Essen oder bei Schichtende wieder aus dem Tunnel zu fahren.» Die West- und die Oströhre des Tunnels sind über Querverschläge miteinander verbunden. In diesen seitlichen Durchgängen ist die Technik verbaut, die Schmid und sein Team kontrollieren.
Kontrollieren, aber nicht reparieren
Sie prüfen den Kurzschlussstrom, nehmen Isolationsmessungen vor, kontrollieren FI-Schalter und Erdungen. Wenn sie einen Defekt finden, melden sie diesen den SBB schriftlich. Denn die Elektroinstallationen zu reparieren, gehört nicht zu Schmids Aufgaben: «Es ist wie beim Auto: Die Motorfahrzeugkontrolleure stellen Defekte fest, die Garagisten beheben diese.» So prüfen sie Querverschlag um Querverschlag, Sicherungskasten um Sicherungskasten. Bei manchen Einsätzen kontrollieren Schmid und seine Kollegen ausschliesslich die Notbeleuchtung in den Tunnelröhren. Dann legen sie auf ihren E-Scootern bis zu zwanzig Kilometer zurück.
Der lange Weg zurück
Um 4 Uhr morgens treffen sich alle Arbeiter beim Personalmodul – Schichtende. Die Fahrt aus dem Berg dauert länger als erwartet: Während der Passagierzug tagsüber in zwanzig Minuten von Erstfeld nach Bodio gelangt, benötigt das gelbe Fahrzeug für einen Teil der Strecke manchmal bis zu einer Stunde. Schmid: «Die Personenzüge fahren etwa 200 Stundenkilometer, unser Zug maximal achtzig.» Müde sitzen die Männer im klimatisierten Wagen, wo sie die Messresultate noch vom Papier aufs Tablet übertragen. Einige unterhalten sich, andere dösen, alle überzieht eine feine Schicht schwarzen Staub aus dem Tunnel.
In Erstfeld angekommen wäscht sich Schmid den Staub aus dem Gesicht. «Jetzt gehe ich nach Hause, frühstücke mit meiner Frau und lege mich schlafen bis etwa um 13 Uhr.» Vielleicht geht er am Montag etwas später ins Büro, arbeitet dann aber ganz normal tagsüber. Bis der nächste Einsatz im Gotthard ansteht.
Obligatorische Kontrollen durch CKW
Elektrische Anlagen müssen in allen Gebäuden und Wohnungen regelmässig geprüft werden. So bleiben die Installationen sicher. Je nach Gefahrenklasse ist eine Kontrolle jährlich, alle drei, fünf, zehn oder zwanzig Jahre vom Gesetzgeber vorgeschrieben. CKW oder der jeweils zuständige Energieversorger informiert die Eigentümer des Objekts, wenn eine Kontrolle fällig wird. Ein Kontrolleur, der nicht bei der Planung, Erstellung, Änderung oder Instandhaltung der elektrischen Installation beteiligt war, führt die nötigen Messungen durch. Informationen zur regelmässigen Prüfung und ein Verzeichnis mit unabhängigen Kontrolleuren finden Sie hier.
✔ Eine Kontrolle muss alle drei, fünf, zehn oder zwanzig Jahre durchgeführt werden.
✔ Eigentümer des Objekts werden informiert, wenn eine Kontrolle fällig wird.
✔ Ein unabhängiger Kontrolleur führt die nötigen Messungen durch.